Verhalten entsteht
Das Verhalten eines Hundes entsteht aus einer Kombination von Genetik, Erfahrungen und Erziehung, und es liegt in unseren Händen, sein späteres erwachsenes Ich zu gestalten.
Oftmals erleben Hundebesitzer Situationen, in denen sich das Verhalten ihres Junghundes ‚plötzlich‘ verändert:
- Ein Welpe, der zuvor anscheinend gerne angefasst wurde, knurrt plötzlich im Teenie-Alter sobald er berührt wird.
- Ein Hund, der problemlos an anderen Hunden vorbei laufen konnte, beginnt plötzlich bei Hundesichtung wie wild in der Leine zu hängen und lauthals zu bellen.
- Ein früher freundlich schwänzelnder Hund, springt Besucher an oder versteift sich gar, wenn er Fremde sieht.
- Selbst das Leinenlaufen, das zuvor kein Problem darstellte, wird plötzlich zur Herausforderung. Der Hund zerrt einen wild durch die Gegend.
Die Übergänge zwischen diesen Verhaltensänderungen sind oft schwammig und können unbemerkt bleiben
(lese hierzu gerne meinen Artikel zur Generalisierung).
Doch warum testet ein Hund sein Verhalten auf diese Weise?
Es geht nicht darum, uns zu ärgern (obwohl manche Hunde durchaus Spaß daran haben, uns zu necken, wenn wir versuchen, ihnen etwas wegzunehmen). Der Hund handelt aus eigenem Interesse. Wenn er mit seinem Verhalten weiterkommt, lohnt es sich für ihn, und er probiert gerne aus, was sonst noch möglich ist.
Deshalb ist es unerlässlich, genau zu überlegen, was wir von unserem Hund in der Zukunft erwarten. Welche Erwartungen und Wünsche haben wir für unser Zusammenleben? Es ist wichtig, ein klares Ziel vor Augen zu haben.
Natürlich müssen wir bereit sein, gewisse Kompromisse in der Erziehung einzugehen (ebenso wie unser Hund diese Kompromisse auch mit uns eingehen wird), aber wir können viel formen, wenn wir wissen, was wir wollen.
Empfehlung
Fordere aktiv bestimmtes Verhalten ein, wie zum Beispiel eine ordentliche Leinenführigkeit:
- Setze klare Grenzen
- belohne im richtigen Moment
- benenne die gewünschten Verhaltensweisen
- fordere das bereits Gelernte zielstrebig aber wohlwollend ein.
Ruh dich nicht darauf aus, dass der Welpe z. B. von Natur aus nicht groß an der Leine zieht. Sei dir dessen bewusst, dass er einfach noch nicht schnell genug ist und außerdem warten alle paar Meter spannende neue Eindrücke auf ihn, was ihn auch in seinem Vorwärtskommen bremst.
Deswegen benenne am besten von Anfang an das lockeren Leinenlaufen. Ziehe von Anfang an eine imaginäre Grenze wie weit sich dein Hund von dir entfernen darf, wenn ein bestimmtes Signal-Wort erfolgt.
Sobald du ein Verhalten (wie hier im Beispiel ‚lockere Leine‘) aufgebaut hast und dieses von deinem Hund verstanden wurde, bist du vorbereitet dieses dann einfordern, wenn es erforderlich wird (und dieser Tag wird kommen, an dem fast jeder Hund es probiert, ob das Ziehen zu dieser unwiderstehlichen Durfspur vom Erfolg gekrönt wird).
Übrigens kannst du viele unerwünschten Verhaltensweise quasi vorbeugen, wenn du deinen jungen Hund von Anfang an bei Reizen in die zweite Reihe nimmst, so dass er z. B. die Begrüßung erst aus einer ruhigen Position heraus vornimmt.
Ein schöner Nebeneffekt ist, dass dieses aktive Einfordern z. B. Leinenführigkeit wunderbar zur natürlichen Förderung der Frustrationstoleranz führt. Ja, manchmal dürfen wir auch unsere Hunde dazu wohlwollend zwingen etwas nicht zu tun (z. B. nicht zu einer Stelle zu ziehen, Unrat aufzunehmen, usw). Solche Sachen zu lernen gehört nun mal zu einem Leben im menschlichen Umfeld dazu. Und wie entspannt wird sich der spätere Hundealltag gestalten, wenn er es bereits von klein auf erfahren hat, dass er Frustration aushalten kann und sich dadurch eine gesunde Stressresistenz und Urvertrauen entwickeln konnte.
Am besten hast du es vorm inneren Auge: das Verhalten deines Junghundes kann sich von einem auf den anderen Tag ändern. Indem du dir bewusst machst, dass Verhalten nicht festgelegt ist, sondern entsteht, kannst du sofort gegenlenken oder sogar präventiv handeln. So wird aus einem aufkeimenden Verhaltensproblem keine unüberwindbare Herausforderung.
Nachwort
Die Erziehung eines Junghundes erfordert Voraussieht, Aufmerksamkeit, Geduld und aktives Handeln.
Nutze diese Zeit, um das gewünschte Verhalten zu formen und deinem Hund die Grundlagen für ein harmonisches Zusammenleben beizubringen.
Indem du dich nicht auf dem IST-Zustand ausruhst, sondern aktiv an der Erziehung arbeitest, legst du den Grundstein für ein glückliches und erfülltes Hundeleben.